Falls euch euer Alltag nicht historisch genug ist, könnt ihr hier meinen Anne Boleyn Kalender downloaden:
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Dienstag, 20. Dezember 2016
Sonntag, 11. Dezember 2016
Die Quellenarbeit und die Nachwirkungen von Chapuys´ negativen Darstellung
Grundsätzlich ist die Quellenarbeit bei
historischen Gegebenheiten eine schwierige Angelegenheit. So ferner etwas
zurückliegt, desto weniger Material findet sich üblicherweise. Das wird dann zusätzlich
erschwert, wenn sich die Gegebenheiten in Bereichen der Lebenswelt zutrugen, in
denen jener Zeit wenig Interesse lag, wie zum Beispiel das Leben der sozialen
weniger gut gestellten Personen. Das umfasst zumeist auch Frauen, die, wie
allgemein bekannt, in der Regel weniger Ansehen als Männer des gleichen
sozialen Status genossen.
Aber wie kann man damalige Gegebenheiten
erfassen? Das geschieht anhand der Rekonstruktion und Ableitung von erhaltendem
Dokumente wie Kirchensteuern, Testamente und etc. Dies geschieht natürlich im
Idealfall nicht unreflektiert, sondern unter Berücksichtigung in welchen
Zusammenhang was und wie entstanden ist. Es gibt eine ganze Reihe an Aspekten,
die dabei berücksichtigt werden müssen. Damit wird deutlich, wie schwierig die
Arbeit generell mit geschichtlichen Themen ist.
Und spätestens jetzt wird klar, weshalb die
frühen Jahre Annes so spärlich dokumentiert sind: Als Tochter eines Adligen war
sie einfach nicht wichtig genug.
Erschwerend kommt hinzu, dass auch
HistorinkerInnen nur Menschen sind und ihre eigenen Lebenswelt und das moderne
Gedankengut nicht komplett abschütteln können. Bestimmte Gegebenheiten
erscheinen in unseren Denkstrukturen als absurd oder lächerlich. Es ist nötig,
so gut es geht, seine eigene Subjektivität beiseite zu schieben. Das kann nicht
vollständig geschehen, aber man sollte es bestmöglich versuchen und sich der
eignen Subjektivität bewusst sein. Zudem ist – wie bereits erwähnt - bei der
Durchsicht der Quellen die Berücksichtigung derer Entstehung relevant, um die
Ereignisse und Personen aus ihrer eigenen Zeit zu verstehen. Dabei kann man
sich allerdings nur der Wahrheit annähern, jedoch nicht zur Gänze erfassen.
Noch kniffliger wird es durch die Tatsache,
dass viele Quellen aus einen bestimmten Kontext entstanden sind; D.h. der Autor
hatte möglicherweise bestimmte Absichten bei dem Verfassen des Textes und/oder
es besteht eine Wertigkeit darin. Dann ist der Zeitpunkt der Entstehung ebenso
relevant; Eine Quelle, die nachträglich über ein Ereignis berichtet, tut dies
mit der Kenntnis über den Ausgang und kann somit kaum das Geschehene
vollständig erfassen. Daher wäre es auch fatal, Anne Absichten bezüglich eines
Thronanspruches zu unterstellen – Wir wissen wie es ausgegangen ist, aber war
das wirklich absehbar, in einer Zeit, in der König und Königin einen so hohen
Status innehielten?! Man kann es einfach nicht sagen. Ein weiteres Problem ist
die Frage nach der Informationsbeschaffung: War derjenige Zeuge des Ereignisses
oder hat er seine Kenntnisse über dritte?
Was
heißt das bei Anne Boleyn?
Nun, viele Berichte über sie,
zeitgenössisch oder später verfasste, die protestantischer Quelle waren,
beschreiben sie als tadellose Christin und Königin, welche England zum rechten
Glauben geführt hat, während katholische Quellen sie als Ketzerin deklarieren,
die den König von seiner rechtmäßigen Gattin und der katholischen Kirche
weggelockt hat. Und somit ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Gerüchte
über Anne von katholischen Personen stammen.
Aber trotz dieser Problematiken ist das Ganze
nicht ausweglos: Wenn zwei oder mehr Quellen unabhängig eine Situation ähnlich
beschreiben, so kann von einen gewissen Wahrheitsgehalt ausgegangen werden, wie
zum Beispiel bei den Beschreibungen zu Annes Hinrichtung, die unterschiedlichen,
teils voneinander unabhängigen Quellen zu Grunde liegen.
Damit ist die Quellenarbeit ein Prozess,
der von einen ständigen Abwägen der vorhandenen Quellen begleitet ist und nicht
ohne Hinterfragung deren Verfasser sowie deren Motivation geschehen kann, um
eine sinnige Rekonstruktion zu ermöglichen.
Chapuys´
Darstellung und deren Einfluss auf die Wahrnehmung Annes
Da viele (nicht nur HistorikerInnen) sich
massiv auf seine Angaben stützen, wird Annes Bild noch heute stark von Chapuys
geprägt. Das ist aus mehreren Gründen problematisch, denn dass er mitunter der
Einzige ist, der über bestimmte Gegebenheiten berichtete, wird wohl außer Acht
gelassen und es werden Fehlinformationen weiterverbreitet.
Möglicherweise beziehen sich viele aus
bloßer Verzweiflung über die geringe Quellenlage zu Anne auf Chapuys, aber in
Anbetracht seines Hintergrunds und fehlenden anderen Quellen, sollten er jedoch
mit äußerster Vorsicht betrachtet werden.
Warum sind Chapuys´ Informationen so
kritisch zu betrachten? Chapuys als Katholik und glühender Anhänger Catalinas war
per se schon äußerst voreingenommen, zudem hat er seine Abneigung gegen Anne
nicht verheimlicht. Nun, Chapuys hatte ein umfangreiches Netzwerk an
Informanten – darunter häufig Höflinge - und Agenten. Allerdings war er ebenso
eine Anlaufstelle für alle Personen, denen Vorgänge am Hof missfielen (Nicht
zwangsläufig nur bezüglich Anne), was zur Folge hatte, dass seine Informationen
schlichtweg oft nur Hofklatsch waren. Gleichzeitig wollten sich einige Menschen
mit Chapuys gut stellen, der u.a. beim König selbst beliebt war, und
berichteten von ihrer Treue zu Mary und Catalina – ob wahr oder nicht, beschönigt
oder ehrlich, man weiß es nicht. Ferner liegt es nahe, dass auch absichtlich
falsche Informationen an Chapuys weitergegeben wurden, schließlich lässt sich
vermuten, dass diese nicht altruistisch ihr vermeintliches Wissen weitergaben.
Das Ganze wird noch nebulöser, wenn man bei
der Quellenanalyse feststellt, dass es vor Chapuys Ankunft am englischen Hof
kaum negative Berichte zu Anne gab. Er war es auch, der von Annes Wutausbrüchen
inbrünstig berichtete und als erstes die Behauptung vorantrieb, dass Anne für
Henrys Veränderungen verantwortlich war. Damit prägten seinen Aufzeichnungen,
die mit offensichtlich schädlichem Bestreben zustande kamen, wesentlich das
heutige Bild der „tugendhaften, geduldigen Catalina“ und der „egoistischen,
ungeduldigen Anne“. Susan Bordo
analysiert mitunter Chapuys´ Einfluss auf das noch heutig bestehende Bild zu
Anne in ihren Buch „The creation of Anne Boleyn - A newlook at England´s most notorious queen“. Absolut empfehlenswert!
Was bleibt, wenn man Chapuys Schriften mit
einem kritischeren Blick untersucht und jene anderen Quellen, die sich auf ihn
beziehen, dahingehend auswertet?! Wenig, aber das, was bleibt und teilweise von
unabhängigen Quellen berichtet wurde, liegt wohl näher an der Realität als
Chapuys. Ich will nicht sagen, dass Chapuys von geringer Intelligenz war und es
nicht besser wusste: Es ist ebenso möglich, dass diese Art der
Berichtbestattung damals üblich war, aber sie ist zweifellos eine zutiefst - und ich nehme an gewollt -diskreditierend,
die man aufgrund seiner bekannten Abneigung gegenüber Anne nicht so viel
Gewicht beimessen sollte.
Und das wenige an Information, was sich daraus
ergibt, stützt in keinster Weise das Bild der egoistischen Anne, sondern es
bleibt eine kluge und belesene Frau, die ihren Aufstieg mit dem Leben bezahlte.
Anne Boleyn war weder eine Heilige, noch eine Hexe – und entspricht nicht der
negativen Darstellung Chapuys´. Das, was die Quellen nach kritischer
Hinterfragung und gesunden Menschenverstand noch hergeben, entzieht seinen
Aussagen jeglicher Substanz.
Aber
auch hier gilt:
Letztendlich können wir nur mit den vorhanden Quellen und deren intensiver Analyse
eine Annäherung an den wahren Kern der Geschichte durchführen. Was wirklich
geschehen ist, ist einfach nicht mehr in vollen Zügen zu rekonstruieren.
Freitag, 2. Dezember 2016
Rezension: Die Tudors: Eine schrecklich tödliche Familie
So, ich habe mir jetzt das Buch "Die Tudors: Eine schrecklich tödliche Familie" vom Stefanie Norden, die manchen von euch von Nordkomplott bekannt sein könnte, zu Gemüte geführt.
Nun vor ab:
1) Ich werde gleich von Fakten und Informationen sprechen, die ich auf derzeitige (mir bekannte) Quellenlagen beziehe. Da ich nicht ständig das dazu schreiben möchte, weise ich jetzt explizit darauf hin!
2) Zudem möchte ich betonen, dass ich mit der Kritik nicht sage, dass ich es besser mache oder Ähnliches, aber da viele Menschen (nicht die Autorin!) auf negative Bewertungen mit "Mach es doch selber (besser)!" reagieren und ich solche Platitüden von vorn herein vermeiden will. Mal abgesehen davon, dass das ja auch nicht der Sinn einer Rezension ist.
3) Ich habe das Buch nicht zu Ende gelesen, da es mir so gar nicht gefallen hat.
4) Mir fiel die schlechte Bewertung sehr schwer, da ich die Autorin und den Blog mag, aber ich kann dieses Buch einfach nicht weiterempfehlen.
Aber nun zum eigentlichen Thema: Das Buch!
Was verspricht es uns:
Das es nicht zu kompliziert ist.
Dieser Punkt wird erfüllt, wobei ich mir gewünscht hätte, dass der Begriff der Rosenkriege zumindest mit einen Satz erklärt wird.
Das es die Charakter hinter den Personen zeigt.
Das muss ich leider verneinen.
Die Autorin beschreibt ständig, wie sich die Personen gefühlt haben - etwas das wir schlichtweg nicht wissen können. Ich habe nichts dagegen, wenn sie schreibt "Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich so und so gefühlt hat", aber nicht, als seien es Tatsachen. Zumal die historische Eingebundenheit eines Menschen dabei nicht berücksichtigt wird.
Ferner wird (und da ich die Teile zu Catalina de Aragon und Anne gelese habe) eigentlich nur die stereotypischen Charakterzüge der Personen reproduziert und sie bleiben eindimensional; Henry VIII. als blutrünstiger Tyrann, Catalina als geduldige Verstoßene und Anne als bitch par exellance. Keines der Individuum war nur das - wenn überhaupt. Das wird u.a. klar, wenn man bedenkt, was Catalina entschied, als sie sich gegen eine freiwillige Lösung der Ehe ausprach: Ihre Ehe sowie Mary wären legitim geblieben!
Das es kuriose und blutige, nicht in den Geschichtsbüchern zu findene Details enthält.
Leider nein.
Die mir bis dato untergekommenen Details habe ich auch schon in anderen Büchern entdeckt. Und das auch nicht sehr versteckt.
Das es kein Fachbuch ist.
Daran hält sie sich. Sie ergießt sich nicht in Fachgeplänkel, dass Tudor-Einsteiger vermutlich abschrecken würde und es unnötig verkompliziert.
Das es nicht langweilig ist.
Etwas höchst Subjektives. Selbst für einen Laien könnten die zahlreichen Wortwiederholungen ermüdend sein.
Und nun zum Eingemachten:
Hierbei unterscheide ich von "Ist Geschmackssache" und "Fehlern".
Zum ersten Punkt:
Die Wortwiederholungen - Das bezieht sich auf Worte wie Doch, etc. sowie die Namen einzelner Personen.
Beispielsweise steht in einen Absatz von fünf Zeilen zwei Mal Margaret Beaufort. Was mal nicht schlimm wäre, aber bei der Anhäufung dieser Wiederholungen ist es schon grenzwertig.
Informationswiederholungen - Wenn ich im Laufe von 20 Minuten zwei, drei Mal lese, dass Henry VIII. der zweitgeborene Sohn seines Vaters war, empfinde ich das als arg lästig.
Aber wie kam das? Weil Das Buch im Grunde genommen nur die Blogeinträge umfasst; Daher wohl auch die m.M. nach nicht immer geglückten Überleitungen.
Und das führt mich zum nächsten Aspekt: Das Buch ist ein Buch zum Blog - also es sind die Beiträge in Buchform. Das ist an und für sich kein Problem, aber ich persönlich finde, dass das erwähnt werden sollte.
Und nun zu den Fehlern:
Hier trenne ich zwischen "nur zum Teil falsch" bzw. "falsch, weil der Autorin Informationen fehlen" und zu "falsch".
Die Fehler der ersten Kategorie speisen sich häufig auf fehlende Informationen, die nicht so einfach rechachierbar sind.
Ein Beispiel: Bei Henry VIII. wird davon gesprochen, dass für ihn eine kirchlichliche Laufbahn vorgesehen wurde. Da sind HistorikerInnen sich uneinig, aber fest steht, dass keine Quellen bekannt sind, die das belegen.
Ein weiteres Beispiel ist das Fernbleiben Henrys bei der Taufe von Elizabeth. Was oft nicht bekannt ist: Eltern waren damals nicht bei der Taufe ihrer Kinder anwesend. So kann man seine Abstinenz nicht als irgendein Zeichen dafür deuten, dass es zwischen ihm und Anne bereits gekriselt hat. Damit will ich nicht sagen, dass dem nicht so gewesen sein kann, sondern dass das nicht als Argument oder Beleg dafür gültig ist.
Schlicht weg falsche Informationen finden sich leider auch.
Zum Beispiel wird geschrieben, dass sowohl Anne als auch ihre Schwester am Hofe von Margaret von Österreich lebten. Das ist einfach falsch. Und das ist eine Information, auf die man bei der Recherche zu Anne ziemlich schnell stößt.
Oder das jener Hofmusiker, der laut dem Buch unter Folter gegen Anne ausgesagt hatte, ist so ein Fall; Es liegt zwar nahe, dass er gefoltert wurde, aber letztendlich weiß man es überhaupt nicht.
Zu Anne Boleyn
Bezüglich Anne kräuselte es mich ehrlich gesagt non-stop. Warum?
Zum einen, weil die Autorin, wie leider viele Menschen - u.a. auch HistorikerInnen - dem Mythos der bösen, egoistischen Anne aufgesessen ist. Das ist zum Teil Chapuys´ später Rache, denn wie Eric Ives aber auch Susan Borden erkannten, beziehen sich viele vergangene und heutige AutorInnen auf Chapuys als Quelle. Das er als bekennder Gegner Annes nicht gerade als neutrale Quelle bezeichnet werden kann, ist nur die Spitze des Problems (Dazu wollte ich bei Gelegenheit noch einen Blogeintrag verfassen).
Leider strotzt der Anne-Teil vor Halbwahrheiten, Trugschlüsse und Fehlern.
Zum Beispiel war Anne bei Leibe kein "Stern am Hof", aber auch dieser Irrtum ist weitverbreitet. Anne war weder eine Aussenseiterin, noch ein Star.
Aber ebenso die "Information", Anne hätte Henry einen Sohn versprochen... Es gibt keine Hinweise dazu. Ebenso die Darstellung Annes als böse Schwiegermutter; Dass Anne sich zunächst um Marys Gunst bemüht hatte, habe ich bereits in einen Blogeintrag hinreichend erläutert.
Ich könnte das noch weiter aufdröseln und analysieren, aber ich belasse es dabei mit dem Hinweis, dass ich Nachfragen gerne nachgehe.
Sonstige Fehlerchen
Manchmal sind kleine Formatierungsfehlerchen vorhanden wie ein Absatz, der nicht mehr im Blocksatz formatiert wurde und statt dessen mittig ausgerichtet wurde. Da das Buch im Selbstverlag entstand erschienen ist, habe ich dafür Verständnis, schließlich ergeben sich daraus zahlreiche Hürden.
Einer der Kritiker hatte sich über die schlechte Rechtschreibung beschwert. Das stimmt nicht ganz, es ist eher die Zeichensetzung und die speist sich vermutlich einfach daraus, dass die Autorin eine etwas andere Rechtschreibung gelernt hat. Zum Beispiel, dass vor den und ein Komma steht. Das wird heute nur bei bestimmten Fällen gemacht, aber ist nicht mehr die Regel.
Henrys Mutter wird als Elizabeth von York bezeichnet. Also entweder Elisabeth von York oder Elizabeth of York - aber das Denglisch...
Der Absatz "Katharina von Aragon: Heldin oder Opfer?" entzieht sich meinen Veständnis. Zum einen finde ich eine solche Schwarz-Weiß-Ansicht, die diese Frage impliziert, sinnfrei. Aber darauf wird auch nicht wirklich eingegangen. Es werden eigentlich nur Was-wäre-wenn-Fragen gestellt (die unbeantwortet bleiben - ohne Erklärung weshalb) und die Autorin spricht ihre Bewunderung für sie aus. Alles schön und gut, aber das hat mit dem Titel nichts zu tun.
Fazit:
Für Einsteiger, denen die extrem subjektive Darstellung nicht stört und der nicht all zu viel Wert auf historische Richtigkeit legt, wird damit sicherlich glücklich. Allerdings wird dadurch die Klischee belastenden Charakterzeichnungen der Akteure befeuert und an die nächste "Generation" weitergeleitet.
Wegen der zahlreichen, teils massiven Fehler kann ich nur von diesem Buch abraten!
Nun vor ab:
1) Ich werde gleich von Fakten und Informationen sprechen, die ich auf derzeitige (mir bekannte) Quellenlagen beziehe. Da ich nicht ständig das dazu schreiben möchte, weise ich jetzt explizit darauf hin!
2) Zudem möchte ich betonen, dass ich mit der Kritik nicht sage, dass ich es besser mache oder Ähnliches, aber da viele Menschen (nicht die Autorin!) auf negative Bewertungen mit "Mach es doch selber (besser)!" reagieren und ich solche Platitüden von vorn herein vermeiden will. Mal abgesehen davon, dass das ja auch nicht der Sinn einer Rezension ist.
3) Ich habe das Buch nicht zu Ende gelesen, da es mir so gar nicht gefallen hat.
4) Mir fiel die schlechte Bewertung sehr schwer, da ich die Autorin und den Blog mag, aber ich kann dieses Buch einfach nicht weiterempfehlen.
Aber nun zum eigentlichen Thema: Das Buch!
Was verspricht es uns:
Das es nicht zu kompliziert ist.
Dieser Punkt wird erfüllt, wobei ich mir gewünscht hätte, dass der Begriff der Rosenkriege zumindest mit einen Satz erklärt wird.
Das es die Charakter hinter den Personen zeigt.
Das muss ich leider verneinen.
Die Autorin beschreibt ständig, wie sich die Personen gefühlt haben - etwas das wir schlichtweg nicht wissen können. Ich habe nichts dagegen, wenn sie schreibt "Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich so und so gefühlt hat", aber nicht, als seien es Tatsachen. Zumal die historische Eingebundenheit eines Menschen dabei nicht berücksichtigt wird.
Ferner wird (und da ich die Teile zu Catalina de Aragon und Anne gelese habe) eigentlich nur die stereotypischen Charakterzüge der Personen reproduziert und sie bleiben eindimensional; Henry VIII. als blutrünstiger Tyrann, Catalina als geduldige Verstoßene und Anne als bitch par exellance. Keines der Individuum war nur das - wenn überhaupt. Das wird u.a. klar, wenn man bedenkt, was Catalina entschied, als sie sich gegen eine freiwillige Lösung der Ehe ausprach: Ihre Ehe sowie Mary wären legitim geblieben!
Das es kuriose und blutige, nicht in den Geschichtsbüchern zu findene Details enthält.
Leider nein.
Die mir bis dato untergekommenen Details habe ich auch schon in anderen Büchern entdeckt. Und das auch nicht sehr versteckt.
Das es kein Fachbuch ist.
Daran hält sie sich. Sie ergießt sich nicht in Fachgeplänkel, dass Tudor-Einsteiger vermutlich abschrecken würde und es unnötig verkompliziert.
Das es nicht langweilig ist.
Etwas höchst Subjektives. Selbst für einen Laien könnten die zahlreichen Wortwiederholungen ermüdend sein.
Und nun zum Eingemachten:
Hierbei unterscheide ich von "Ist Geschmackssache" und "Fehlern".
Zum ersten Punkt:
Die Wortwiederholungen - Das bezieht sich auf Worte wie Doch, etc. sowie die Namen einzelner Personen.
Beispielsweise steht in einen Absatz von fünf Zeilen zwei Mal Margaret Beaufort. Was mal nicht schlimm wäre, aber bei der Anhäufung dieser Wiederholungen ist es schon grenzwertig.
Informationswiederholungen - Wenn ich im Laufe von 20 Minuten zwei, drei Mal lese, dass Henry VIII. der zweitgeborene Sohn seines Vaters war, empfinde ich das als arg lästig.
Aber wie kam das? Weil Das Buch im Grunde genommen nur die Blogeinträge umfasst; Daher wohl auch die m.M. nach nicht immer geglückten Überleitungen.
Und das führt mich zum nächsten Aspekt: Das Buch ist ein Buch zum Blog - also es sind die Beiträge in Buchform. Das ist an und für sich kein Problem, aber ich persönlich finde, dass das erwähnt werden sollte.
Und nun zu den Fehlern:
Hier trenne ich zwischen "nur zum Teil falsch" bzw. "falsch, weil der Autorin Informationen fehlen" und zu "falsch".
Die Fehler der ersten Kategorie speisen sich häufig auf fehlende Informationen, die nicht so einfach rechachierbar sind.
Ein Beispiel: Bei Henry VIII. wird davon gesprochen, dass für ihn eine kirchlichliche Laufbahn vorgesehen wurde. Da sind HistorikerInnen sich uneinig, aber fest steht, dass keine Quellen bekannt sind, die das belegen.
Ein weiteres Beispiel ist das Fernbleiben Henrys bei der Taufe von Elizabeth. Was oft nicht bekannt ist: Eltern waren damals nicht bei der Taufe ihrer Kinder anwesend. So kann man seine Abstinenz nicht als irgendein Zeichen dafür deuten, dass es zwischen ihm und Anne bereits gekriselt hat. Damit will ich nicht sagen, dass dem nicht so gewesen sein kann, sondern dass das nicht als Argument oder Beleg dafür gültig ist.
Schlicht weg falsche Informationen finden sich leider auch.
Zum Beispiel wird geschrieben, dass sowohl Anne als auch ihre Schwester am Hofe von Margaret von Österreich lebten. Das ist einfach falsch. Und das ist eine Information, auf die man bei der Recherche zu Anne ziemlich schnell stößt.
Oder das jener Hofmusiker, der laut dem Buch unter Folter gegen Anne ausgesagt hatte, ist so ein Fall; Es liegt zwar nahe, dass er gefoltert wurde, aber letztendlich weiß man es überhaupt nicht.
Zu Anne Boleyn
Bezüglich Anne kräuselte es mich ehrlich gesagt non-stop. Warum?
Zum einen, weil die Autorin, wie leider viele Menschen - u.a. auch HistorikerInnen - dem Mythos der bösen, egoistischen Anne aufgesessen ist. Das ist zum Teil Chapuys´ später Rache, denn wie Eric Ives aber auch Susan Borden erkannten, beziehen sich viele vergangene und heutige AutorInnen auf Chapuys als Quelle. Das er als bekennder Gegner Annes nicht gerade als neutrale Quelle bezeichnet werden kann, ist nur die Spitze des Problems (Dazu wollte ich bei Gelegenheit noch einen Blogeintrag verfassen).
Leider strotzt der Anne-Teil vor Halbwahrheiten, Trugschlüsse und Fehlern.
Zum Beispiel war Anne bei Leibe kein "Stern am Hof", aber auch dieser Irrtum ist weitverbreitet. Anne war weder eine Aussenseiterin, noch ein Star.
Aber ebenso die "Information", Anne hätte Henry einen Sohn versprochen... Es gibt keine Hinweise dazu. Ebenso die Darstellung Annes als böse Schwiegermutter; Dass Anne sich zunächst um Marys Gunst bemüht hatte, habe ich bereits in einen Blogeintrag hinreichend erläutert.
Ich könnte das noch weiter aufdröseln und analysieren, aber ich belasse es dabei mit dem Hinweis, dass ich Nachfragen gerne nachgehe.
Sonstige Fehlerchen
Manchmal sind kleine Formatierungsfehlerchen vorhanden wie ein Absatz, der nicht mehr im Blocksatz formatiert wurde und statt dessen mittig ausgerichtet wurde. Da das Buch im Selbstverlag entstand erschienen ist, habe ich dafür Verständnis, schließlich ergeben sich daraus zahlreiche Hürden.
Einer der Kritiker hatte sich über die schlechte Rechtschreibung beschwert. Das stimmt nicht ganz, es ist eher die Zeichensetzung und die speist sich vermutlich einfach daraus, dass die Autorin eine etwas andere Rechtschreibung gelernt hat. Zum Beispiel, dass vor den und ein Komma steht. Das wird heute nur bei bestimmten Fällen gemacht, aber ist nicht mehr die Regel.
Henrys Mutter wird als Elizabeth von York bezeichnet. Also entweder Elisabeth von York oder Elizabeth of York - aber das Denglisch...
Der Absatz "Katharina von Aragon: Heldin oder Opfer?" entzieht sich meinen Veständnis. Zum einen finde ich eine solche Schwarz-Weiß-Ansicht, die diese Frage impliziert, sinnfrei. Aber darauf wird auch nicht wirklich eingegangen. Es werden eigentlich nur Was-wäre-wenn-Fragen gestellt (die unbeantwortet bleiben - ohne Erklärung weshalb) und die Autorin spricht ihre Bewunderung für sie aus. Alles schön und gut, aber das hat mit dem Titel nichts zu tun.
Fazit:
Für Einsteiger, denen die extrem subjektive Darstellung nicht stört und der nicht all zu viel Wert auf historische Richtigkeit legt, wird damit sicherlich glücklich. Allerdings wird dadurch die Klischee belastenden Charakterzeichnungen der Akteure befeuert und an die nächste "Generation" weitergeleitet.
Wegen der zahlreichen, teils massiven Fehler kann ich nur von diesem Buch abraten!
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